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Natur bildet (2011-2015)

Das Modellprojekt „Natur bildet – das Bildungspotential natürlicher Räume für sozial benachteiligte Kinder im Kindergartenalter“ wurde von November 2011 bis Oktober 2015 mit Unterstützung der Stadt Marburg und des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration in Kooperation mit zwei Marburger Kindertagesstätten aus Stadtteilen mit besonderem Förderbedarf durchgeführt.

Das Modellvorhaben hat in seiner vierjährigen Praxis und Forschung die Frage verfolgt, ob es tatsächlich zutrifft, dass „Natur bildet“. Wenngleich immer davon ausgegangen wird, dass Natur vielfältige Bildungsanreize bereithält, sollte in diesem Vorhaben erforscht werden, ob wirklich Bildungszugänge eröffnet werden und wenn ja, in welchen Bereichen Kinder besonders profitieren. Die Zielgruppe des Vorhabens waren Kinder aus Familien, die in Armut und prekären Verhältnissen leben müssen. Die Forschungsfrage war somit zugespitzt: Können die Entwicklungs- und Bildungsimpulse, die Naturaufenthalten zugesprochen werden, nicht gerade jenen Kindern zugutekommen, deren Aufwachsen unter schwierigen sozialen und materiellen Bedingungen verläuft? Mit dieser Frage verknüpft sich die Beobachtung, dass Kinder, die in armen bzw. sozial benachteiligten Lebensverhältnissen aufwachsen, in besonderem Maße von der allseits festgestellten Naturdistanz, Medialisierung und Verhäuslichung der heranwachsenden Generation betroffen scheinen.

„Natur bildet“ war als Kooperationsprojekt angelegt. Fachkräfte aus Kindertagesstätten, der Abenteuer- und Erlebnispädagogik, den Naturwissenschaften und der Sprachheilpädagogik arbeiteten im Rahmen dieses Projektes zusammen. Im Mittelpunkt des Projekts standen vor allem die Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren mit ihren Ideen, Bildungsprozessen und individuellen Entwicklungsgängen. Gemeinsam mit ihren Kita-Betreuerinnen und einer Fachkraft des bsj (Naturwissenschaftler*in, Abenteuerpädagog*in) suchten die Kinder (und ihre Eltern) mindestens einmal pro Woche den Wald, das Feld oder den Fluss als naturnahe Lernorte auf. Aus jeder Einrichtung nahmen 15 Kinder mehrjährig an dem Vorhaben teil. So konnten über vier Jahre intensive naturpädagogische Aktivitäten in der wöchentlichen Praxis von Kindertagesstätten etabliert und untersucht werden. Dabei ging es vor allem um die Schwerpunkte: naturkundliche Grundbildung, Bewegungsabenteuer und insbesondere um sprachliche Bildung und Förderung. Das Modellprojekt stellte dabei eine innovative naturorientierte Elementarbildung in den Kontext einer ausgleichenden Pädagogik, d.h. es wurde das pädagogische Vorhaben angegangen, jene kindlichen Bildungsverläufe zu fördern, die aufgrund sozialer Benachteiligungen erschwerte Ausgangsbedingungen aufweisen.

Die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojektes oblag Herrn Prof. em. Dr. Peter Becker vom Institut für Sportwissenschaften und Motologie der Philipps-Universität Marburg und Martin Vollmar als wissenschaftlichem Mitarbeiter des bsj Marburg. Das Projekt wurde von einem überregionalen Beirat aus den Bereichen Wissenschaft und Forschung, Verwaltung, Aus- und Weiterbildung sowie aus der Praxis, unterstützt. Maßgeblich begleitet, beforscht und befördert wurde das Vorhaben von Frau Inge Holler-Zittlau als Sprachheilpädagogin der Justus-Liebig-Universität.

Da es sich um ein Praxis- und Forschungsprojekt handelte, konnten die bildungsrelevanten Zusammenhänge und Vorgänge der Naturpraxis intensiv rekonstruiert und untersucht werden. Im Rahmen des Projekts wurde eine Sammlung von Handreichungen für die naturpädagogische Praxis von Kindertagesstätten erarbeitet, publiziert und an über 2500 hessische Kitas verteilt.

Veröffentlichungen:

  • Vollmar, M., Becker, P. & Schirp, J. (Hrsg.) (2017). Handreichungen für die naturpädagogische Praxis von Kindertagesstätten. Marburg: bsj-Selbstverlag [pdf].
  • Holler-Zittlau, I. &Vollmar, M. (2019). Das Bildungspotential natürlicher Lern- und Erkundungsräume für Kinder hoher Diversität – Ergebnisse eines Forschungsprojekts in der Frühförderung. In E. von Stechow, K. Müller, M. Esefeld, B. Klocke & P. Hackstein (Hg.) (2019), Lehren und Lernen im Spannungsfeld von Normalität und Diversität (131-139). Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
  • Holler-Zittlau, I. & Vollmar, M. (2018). Das Sprachbildungspotential natürlicher Räume – Forschungsergebnisse zur Kommunikations- und Sprachentwicklung mono- und multilingualer Kinder aus Kindertageseinrichtungen in sozialen Brennpunkten. In T. Jungmann, B. Gierscher, M. Meindl & S. Sallat (Hg.) (2018), Sprach- und Bildungshorizonte. Wahrnehmen – Beschreiben – Erweitern  (232-238). Idstein: Schulz-Kirchner.
  • Vollmar, M. & Holler-Zittlau, I. (2017). Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Projekt „Natur bildet – das Bildungspotential natürlicher Räume für sozial benachteiligte Kinder im Kindergartenalter“ (2011 bis 2015), Marburg, unveröffentlicht.

Fachtagungen

  • „Sprachförderung, Natur und frühe Bildung“ am 1. Juli 2014
  • „Abenteuer, Naturkunde und frühe Bildung" am 19. April 2016